Zum Hauptinhalt

Dank dieser Geschichte bekommen die Betrachter einen ganz neuen Blick auf die Naturerlebnisse, und heute erfährst du, wenn du die entsprechenden historischen Orte besuchst, vieles über die einzigartige Geschichte der Wasserkraft und der Industrieentwicklung in Fjord Norwegen. Dieses Wissen beantwortet die Frage, wie Norwegen und der Westen des Landes aufgebaut wurden und warum das Land heute eine herausragende industrielle Position hat.

Norwegens Kathedralen werden sie genannt: die Wasserkraftwerke, Museen und Science-Zentren, die es entlang der westnorwegischen Küste gibt und die eine reiche und spannende Natur-, Kultur- und Industriegeschichte widerspiegeln, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Wenn du möchtest, kannst du deine eigene Rundreise zusammenstellen, die in ihrer Gesamtheit den historischen Bogen von den einsam gelegenen Höfen zu Dörfern und schließlich Städten spannt, als die industrielle Revolution mit ihren großen Naturvorkommen – vor allem der Wasserkraft – auch nach Fjord Norwegen gelangte.

Sønnåhavn – das alte Kraftwerk in Sauda

Flørli – von der Wasserkraft zum Hochofen

Flørli ist heute für die längst Holztreppe bekannt: 4.400 Treppenstufen hinauf zum Staudamm Ternevassdammen und zu einer phantastischen Aussicht über den Lysefjord. Die Treppe wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut, als das Unternehmen A/S Flørli Kraft- og Elektrosmelterverk begann, Stahl für die deutsche Waffenindustrie herzustellen. Die Nachfrage nach Stahl war enorm, doch der Bau von Staudämmen und Rohrleitungen die 740 Meter hinauf in die Berge mit reiner Muskelkraft war eine größere Arbeit als zunächst angenommen. Nach einigen Baujahren wurden an der Felswand entlang eine Lorenbahn und die Holztreppe angelegt, die heute eine große Attraktion ist.

1916-1917 war das Kraftwerk in Flørli mit seinem charakteristischen Jugendstil fertig. Heute kannst du an Führungen durch die Siedlung teilnehmen und dabei mehr über die einzigartige Geschichte von Flørli und die Entstehung der Anlage erfahren. Der zeitliche Bogen wird dabei von den betriebsamen Anfangsjahren von Flørli bis zur beschaulichen Gegenwart des Dorfes gespannt.

Sauda – Wasserkraft und Bergbau in Allmannajuvet

Das Gebiet um die Stadt Sauda und den Saudafjord herum birgt eine phantastische Geschichte, die bis in die letzte Eiszeit zurückreicht. Damals wanderten Menschen nach Skandinavien und ließen sich in Südnorwegen nieder. Bis ins 18. Jahrhundert hinein waren die Waldwirtschaft und der Export von Holz ein wichtiger Handelszweig, bevor im 20. Jahrhundert der Bergbau immer wichtiger wurde. Um die Bergbauanlagen und Metallindustriebetriebe herum entstanden größere Siedlungen. Die alten Zinkgruben in Sauda waren von 1881 bis 1899 in Betrieb, und in diesem Zeitraum wurden mithilfe der Energie aus sauberer norwegischer Wasserkraft 12.000 Tonnen Zinkerz abgebaut. Das Grubengebiet ist heute ein Bergbaumuseum, wo die Besucher mehr über dieses Kapitel der norwegischen Industriegeschichte erfahren.

Sauda III von 1930 ist eines von 27 Kraftwerken, die im Jahre 2006 vom Norwegischen Zentralamt für Wasserwirtschaft und Energiegewinnung (NVE) als besonders wertvolle Kulturstätten der norwegischen Energieerzeugung klassifiziert wurden. Dieses Kraftwerk war gleichzeitig der erste Ausbauschritt für den Sauda-Fluss im Jahre 1914. Die Wasserkraftgeschichte von Sauda wird auf geführten Grubenwanderungen in Allmannajuvet wieder zum Leben erweckt, oder du kannst die Bergbausiedlung Åbøbyen besuchen, wo sehr schön zu sehen ist, wie die Arbeiter und Angestellten der Metallhütte lebten.

Suldal – das Symbol der norwegischen Wasserkraftgeschichte

Suldal ist eine der wichtigsten Wasserkraftgemeinden Norwegens, der hier erzeugte elektrische Strom entspricht acht Prozent des jährlichen Energieverbrauchs in Norwegen. Die mehr als einhundertjährige Geschichte von Suldal begann1913, als eine Kraftwerksanlage mit Fallrohren und dem eigentlichen Kraftwerk, mit Masten und einem Übertragungsnetz gebaut wurde. Die Sand kraftstasjon war das erste Wasserkraftwerk in Suldal und wurde zu einem Symbol für die Energiegewinnung in Westnorwegen. Grundlage war der Erwerb der Nutzungsrechte an den Wasserläufen Røldalsvassdraget und Suldalsvassdraget durch Norsk Hydro. Ziel war es, genug Wasserkraft für die zukünftige Aluminiumhütte des Unternehmens auf der Insel Karmøy zu sichern. Zu damaliger Zeit war dies das größte Industrieprojekt in Norwegen.1974 wurde mit dem Ausbau des größten Wasserkraftprojekts in Nord-Europa, Ulla-Førre, begonnen. Innerhalb kürzester Zeit stieg die Einwohnerzahl von Suldal um mehr als 1000 an, was die Gemeinde nachhaltig veränderte. Mit einer Erzeugungsleistung von 2100 MW, was 7,5 % der gesamten Erzeugungsleistung in Norwegen entspricht, ist Ulla- Førre heute die größte Wasserkraftanlage in Norwegen. 2018 wurde mit den Verlegearbeiten für ein 720 km langes unterseeisches Kabel nach England begonnen, was heute bedeutet, dass Norwegen Windenergie aus Großbritannien kaufen kann, während Energie aus norwegischer Wasserkraft nach England fließt. Ausgangspunkt des Kabels ist der Ort Kvilldal in Suldal. In den Speicherseen von Blåsjø können heute umgerechnet bis zu sechs Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in Norwegen gespeichert werden, den See kann man im Sommer mit dem Auto oder Fahrrad besuchen. Das Gebiet um den See herum gilt auch als schönes Wandergebiet.

Die Strecke von der Region Ryfylke über Suldal und nach Sauda (über Røldal) birgt die schönste Sammlung historischer und moderner architektonischer Werke in Fjord Norwegen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Designhotel Energihotellet in Nesflaten, das ein guter Ausgangspunkt für Erlebnisse in und um Suldal ist. Gezeichnet wurde das Hotel vom Architekten Geir Grung in einer Zusammenarbeit mit den Akteuren für den Kraftwerksausbau Røldal-Suldal. Am Lachsstudio in Lista befindet sich das wichtigste Science-Zentrum für die Geschichte der Energiegewinnung. Hier wird den Besuchern veranschaulicht, wie die Energieerzeugung mit dem Schutz der Natur und der Vielfalt in der Fauna abgestimmt werden kann. Heute ist die Gemeinde Suldal als nachhaltiges Reiseziel ausgezeichnet.

Ullensvang/Tyssedal/Odda – die Industriestadt am Hardangerfjord

Heute ist die Industriestadt Odda in der Gemeinde Ullensvang vor allem als perfekter Ausgangspunkt für einige der bekanntesten Natursehenswürdigkeiten in Norwegen – wie den Felsvorsprung Trolltunga – bekannt. Hier, im Herzen der Region Hardanger, erkennen die Besucher die Kontraste zwischen der von Menschen geschaffenen Industrie und der wunderschönen Natur sehr deutlich. In Tyssedal befindet sich das Kraftmuseum, eine technisch-industrielle Kulturstätte und ein kulturhistorisches Museum. Die gesamte Anlage wurde im Jahre 2000 vom Norwegischen Amt für Denkmalpflege unter Denkmalschutz gestellt, und wer ins Museum kommt, bekommt eine Einführung in die spannende Energie- und Industriegeschichte des frühen 20. Jahrhunderts. Man bekommt einen Eindruck davon, wie die Energieerzeugung aus Wasserkraft die Region geprägt und wie sich die Gemeinde Ullensvang vom 20. Jahrhundert bis heute entwickelt hat.

Du kannst auch bei einem Ausflug ins Reich der «Rallare» mitmachen, den Wanderarbeitern, die diese Arbeit mit reiner Muskelkraft und Handwerkzeugen bewältigten. Die Geschichte der Wasserkraft wird auch in der Ortsmitte von Odda vermittelt, wo du Eindrücke davon bekommst, wie sich die Gesellschaft im Zuge der Industrialisierung der ehemals rein ländlichen Gewerbe entwickelte. Im Kulturhaus Lindehuset, einem rauen und authentischen Industriebau, gibt es verschiedene Ausstellungen. Hier wird die Geschichte mithilfe von Fotografien, Tanz und Ton vermittelt. Interaktive Ausstellungen und Experimente im «Kraftlabben» verstärken die Erlebnisse für Erwachsene und Kinder gleichermaßen.

Eidfjord – Die Kraftwerke, die die Einwohnerzahlen in die Höhe trieben

Am Fuße des prachtvollen Hardangerfjords, links und rechts der Landesstraße 7 – der Hauptverbindung zwischen Ost- und Westnorwegen – liegt Eidfjord; bekannt vor allem für den imposanten Wasserfall Vøringsfossen und die Ausstellungen im Norwegischen Naturzentrum in Øvre Eidfjord, eher weniger bekannt für die mit der Wasserkraft verbundene Geschichte dieses Ortes. Es war aber gerade der enorme Ausbau der Wasserkraft in Eidfjord, der dazu führte, dass sich die Einwohnerzahl mit Beginn der Bauarbeiten verdoppelte und die beiden Kraftwerke Sy-Sima und Lang-Sima schließlich 1980 in Betrieb genommen wurden.

Diese beiden Kraftwerke sind zwei komplett getrennte Versorgungssysteme; sie stehen nicht miteinander in Verbindung. Die Anlagen sind aus mehreren Gründen imposant: Die beiden Kraftwerke verbergen sich 700 Meter im Berginneren in der Kraftwerkshalle. Diese Halle ist 200 Meter breit und 400 Meter hoch. Der Hauptspeicher für Sy-Sima liegt hinter dem sog. Schwesterndamm. Von hier wird das Wasser durch einen 14 km langen Tunnel zum See Rembesdalvatn geleitet, bevor es durch einen weiteren, 6,7 km langen Tunnel nach Kjeåsen strömt. Von hier und bis hinunter zum Kraftwerk stürzt das Wasser durch einen mit Stahl gepanzerten Druckschacht und verteilt sich auf die beiden Aggregate 1 und 2. Gemessen an der installierten Leistung sind die beiden Kraftwerke zusammen heute Norwegens zweitgrößte Erzeugungsstätte für Wasserkraft. Das Kraftwerk Sima ist ein Besucherkraftwerk, das jedes Jahr viele Besucher hat. Eine große Zahl von Tunnels und Dämmen zeigt den enormen Umfang der Energieerzeugung, die hier stattfindet und wie ein versteckter Energieschatz im Gebirgsinneren von Eidfjord verborgen ist.

Høyanger – Die Nationalparkkommune, die von der Geschichte der Wasserkraft lebt

Während der Industrialisierung von Norwegen im 20. Jahrhundert spielte der westnorwegische Ort Høyanger eine ganz besondere Rolle. Was ehemals ein Dorf mit 13 Bauernhöfen und Häusleranwesen zwischen den enormen Bergwänden weit drinnen an einem Fjordarm war, entwickelte sich dank der reichlich vorhandenen Energie aus den Wasserfällen zu einem Industriestandort. Nach mehreren Aufkäufen und Weiterverkäufen von Wasserrechten bis zum Jahre 1911 nahm das Industrieabenteuer am Ufer des Høyangerfjorden wirklich an Fahrt auf. In den Jahren 1916-1917 wurde die Kraftanlage 1 gebaut, die aus dem Kraftwerk, den Rohrleitungen, der Lorenbahn, Treppen und Dämmen im Gebirge besteht. Die Entwicklung des Ortes Høyanger zum Industriestandort und Mittelzentrum wird im Industriemuseum von Høyanger am sog. Stadttor (Byporten) illustriert.

Neben der Infrastruktur, die hier entstand, bekommt man auch einen sehr guten Eindruck von der Energieindustrie und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Entwicklungen. Kraftduoen in Høyanger ist dafür ein Beispiel; zwei Wanderungen in einer veranschaulichen die Energieerzeugung gestern und heute und bilden den thematischen Rahmen. Übernachtet wird im Øren Hotel. Auch die Stadtwanderloipe vermittelt einzigartige Einblicke in die Geschichte des Ortes Høyanger und die Bedeutung der Wasserkraft für diese kleine westnorwegische Gemeinde.

Årdal – Metallindustrie und ausgereifte Stromtechnologie

Die Nationalparkgemeinde Årdal, die aus den Orten Årdalstangen und Øvre Årdal besteht, liegt am östlichen Ende des Sognefjordes. Hier befindet sich auch das Tal Utladalen, das Tor ins Gebirge Jotunheimen. Årdal entwickelt sich mehr und mehr zu einem beliebten Reiseziel, was besonders auf seinen Status als Nationalparkgemeinde und die historischen Baustraße Rallarvegen zurückzuführen ist. Doch auch die Geschichte der Energiegewinnung aus Wasserkraft ist ein Kennzeichen der Gemeinde. Sie wird auf verschiedene Art und Weise vermittelt. Im Juli 2022 wurde in Årdal das Besucherzentrum eröffnet, wo du Einblicke in die Metallindustrie vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart bekommst.

Du erfährst mehr über die Aluminiumproduktion, den Einsatz ausgereifter Technologien und den Fokus auf Nachhaltigkeit in diesem Industriezweig. Das Besucherzentrum Årdal befindet sich in den alten Hydro-Häusern direkt vor Hydro Aluminium in Øvre Årdal. Ein Teil der Ausstellung des Besucherzentrums ist das alte Kraftwerk von 1919.

Bremanger – von Sägewerk und Landwirtschaft bis zur Fischerei

Der Übergang von der Hofwirtschaft zu einer Industriegesellschaft war der gemeinsame Nenner für viele kleine westnorwegische Orte im 20. Jahrhundert; ein Schmelztiegel von Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen des Landes und eine Klassengesellschaft, die sich in den Gebäuden, Dialekten und der Kultur widerspiegelte. In der Gemeinde Bremanger in der Region Sogn og Fjordane lagen die Höfe Sende und Rise. Im Jahre 1801 wohnten hier nur 36 Menschen, die von der Jagd, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Sägerei lebten. Die Gewässer boten ein enormes Potential für den Ausbau von Wasserkraftanlagen in der Region, und 1921 wurde vom Energieversorger in der Gemeinde Svelgen das erste Wasserkraftwerk eröffnet. Dies war der Beginn der Industrieentwicklung im Dorf, an dessen Spitze das Unternehmen Elkem Bremanger stand.

Erfahre mehr über kraftvolle Erlebnisse in Fjord Norwegen