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In Molde gibt es ein eigenes Verb für die Teilnahme am lebendigen Treiben, das während des Festivals Moldejazz herrscht: zu jazzen. Seit dem ersten Jazzfestival 1961 schafft es Moldejazz immer wieder, die Welt in der Stadt des Jazz, der Rosen und des Fußballs auf den Kopf zu stellen.

Wer in Molde wohnt oder einmal hier gewohnt hat, wer jemanden kennt, der in Molde wohnt, oder zumindest einen Freund hat, dessen Großmutter in Molde wohnt, kommt in der Kalenderwoche 29 in die Stadt, um diese ganz besondere Stimmung zu erleben – nämlich die perfekte Symbiose aus Entspannung und hoher Intensität.

Das Jazzfestivalhemd wird aus dem Schrank geholt – je älter, desto besser. Wer noch ein Jazzhemd aus den 80er Jahren mit dem Gesicht von Miles Davies auf dem gesamten Bauch hat, genießt den größten Respekt. Wer das Miles-Hemd in den 90er Jahren bei Malerarbeiten anzog, wird sich heute mehr als ärgern.

Während der Festivalwoche triffst du Straßenverkäufer, Kartoffelwagen und barfuß laufende Töpfer in der Fußgängerzone Storgata. Die Seeluft in Molde vermischt sich mit exotischen Düften, dem Geruch von französischen, lange gereiften Käse, frisch gezapften, perlenden Hopfen und Elchburgern. Ein Hamburger mit Zutaten aus den umliegenden Wäldern wird zu den Tönen eines feurig aufspielenden Akkordeons oder eines melancholischen, alten Saxophons verspeist.

Arena der Talente

Die neuen Töne füllen den Alexandrapark. Hier stehen die jungen Talente des Jazz auf der Bühne. Einige von ihnen spielen hier zum ersten Mal, andere haben vielleicht im letzten Jahr schon Erfahrungen sammeln können. Durch das Programm führt Anitra, die seit ewigen Zeiten die Fäden in der Hand hält. Obwohl die Künstler auf der Bühne neue Gesichter sind, gibt es einiges Altbekanntes. Der Bürgermeister holt die Eröffnungsrede vom letzten Jahr hervor und fügt ein paar Aktualitäten hinzu. Das Engagement und das Herz für das Festival und die Stadt haben kein Ablaufdatum.

Trampelnder Applaus

Moldejazz hat den Grundstein für viele Erlebnisse gelegt, die eine ganze Stadt verändert haben. Norwegische und internationale Künstler haben hier auf der Bühne gestanden und sind mit tosendem Beifall zu Zugaben überredet worden. Das Publikum in Molde weiß es zu schätzen, wenn Menschen aus aller Welt zu Besuch kommen. Immerhin sind sie ja eingeladen worden, und die Moldenser sind gute Gastgeber. Und diese Rolle als Gastgeber wirkt manchmal weit über das Festival hinaus.

Jeden Vormittag führt die Straßenparade durch die Fußgängerzone. Die Jazzloge mit jungen Musikern aus Stadt und Land verwandelt Molde zu einer Miniausgabe von New Orleans.

Driving Miles

Der Jazztrompetist Miles Davis (1926-1991) stand in Molde mehrmals auf der Bühne und hatte guten Kontakt mit dem Publikum und den Leuten, die dieses Festivals möglich gemacht haben. Sein Fahrer während des Moldejazz war Svein Åge Johansen, der Freiwilliger beim Festival war und eine sehr gute Beziehung zu «dem Miles» aufbauen konnte.

Bei der ersten Fahrt mit dem Auto fragte Miles seinen Fahrer:

- Do you know who I am?

- Yes.

- Do you like my music?

- No.

Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wurde Svein Åge Johansen auch an anderen Orten in Europa als Fahrer angeheuert. Und die Geschichte über die beiden ist heute ein Theaterstück: Driving Miles.

Die Gruppe Lucky chops ließ sich von der Natur und den Badeplätzen in Molde derart begeistern, dass sie beim Moldejazz klitschenass auf die Bühne kam und ein energiegeladenes Konzert gab.

Eine einzigartige Atmosphäre

Beim Moldejazz wird dem Publikum die ganze Breite serviert – von intimen Konzerten in kleinen Lokalen bis zu den größeren Konzerten unter freiem Himmel.

Nicht nur das Publikum, sondern auch die Künstler sind während des Festivals in ihrer eigenen Blase. Der ehemalig Moldejazz-Intendant Hans-Olav Solli erzählt, dass es aus der Geschichte des Festivals viele witzige Anekdoten gibt.

„Früher hieß das Schlagwort von Moldejazz «Where music meets nature». Die Natur lädt zu Aktivitäten ein, und dann vergisst man die Zeit sehr schnell. 2018 wurden die Mitglieder der Gruppe Lucky chops auf eine der vielen kleinen Inseln vor der Stadt eingeladen, wo sie von einem Boot aus baden konnten. Das endete damit, dass sie zu spät zur Eröffnungsfeier des Festivals kamen. Klitschenass liefen sie vom Bootsanleger aus direkt auf die Bühne. Ich war zu diesem Zeitpunkt ziemlich angespannt und fragte sie:

Was macht ihr hier?

We are the band!, antworteten die frisch Gebadeten. Und ich musste sie dann einfach auf die Bühne lassen, und sie hatten einen tollen Auftritt. Sie fühlten sich in Molde so wohl, dass sie fragten, ob sie beim nächsten Mal eine Woche bleiben konnten“, erzählt Solli mit einem lauten Lachen.

Am Montag der KW 29 läuft der nächste Moldejazz vom Stapel – zum 63. Mal. Jetzt heißt es, das Paket aufzuschnüren und zu diesem Erlebnis beizutragen.

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